Samstag, 5. Januar 2013

XIX. Kleine ganz groß! – Woche 18 (26.11.-02.12.12)

Die Frage nach dem ‚Ich’ ist eines der Dinge über die man sich alleine in einem anderen Land viele Gedanken machen kann. Man hat Zeit dazu, Zeit über sich selbst und über das bisherige Leben nachzudenken. Manchmal mehr, manchmal weniger, manchmal angenehmer, manchmal unangenehmer. Vielleicht kann man sich auch Gedanken machen, wie die Zukunft aussehen könnte. ‚Könnte’ ist schon sehr vage formuliert, aber auch das ist noch zu präzise. Was weiß ich denn, was morgen passiert. Ob positiv oder
'Christmas Panto' in Glengarriff
negativ. Es gibt unzählbar viele Einflussmöglichkeiten. Gedanken machen kann man aber über dies, was einem wirklich im Leben wichtig ist. Dinge die einem wichtig erscheinen, werden unwichtiger, andere Dinge viel wichtiger als vorher angenommen. Was brauche ich oder auf was könnte ich verzichten um anderswo glücklich zu sein. Wertvoll ist es, sich dabei mit Menschen auszutauschen, die einen sehr lange oder auch noch nicht sehr lange kennen. Also auch Menschen, die einen in einer Lebenssituation kennen gelernt haben, die nicht lange zurückliegt. Dabei kann das ganze Leben gemeint sein, die letzten Jahre, die letzten Monate oder auch nur Wochen. Ich bin sehr glücklich, dass ich diese Menschen habe. Ob zu Hause in Krefeld, Osna, Münster, Hamburg oder auch hier
Beginn des 'Priest's Leap'
in Irland. Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung sind dabei auch wichtige Begriffe. Häufig haben wir dies im vergangenen FSJ-Jahr thematisiert. Doch selbst einmal während einer Zeit in einer anderen Familie in einem anderen Land eine Fredeinschätzung zu bekommen, wie mir diese Woche geschehen, lässt viele Fragen, aber auch viele Antworten zurück! Da ich denke, mich sehr gut selbst einschätzen zu können, ob negativ oder positiv, und diese Selbsteinschätzungen auch von verschiedenen Seiten als Fremdeinschätzung erhalten habe, bemerke ich, wie anders man doch in seinen eigenen vier Wänden, in einer gewohnten Umgebung oder immerhin in einer Umgebung mit besser befreundeten Menschen ist. Und auch, dass man selbst im Vergleich zu einigen Iren andere (Charakter-) Eigenschaften als wichtiger ansieht. Am frühen Freitagabend stand etwas ganz besonderes und hier sehr traditionelles an. Eine ‚Christmaspanto’ der Kinder Glengarriffs. Insgesamt haben um die achtzig
Tief ins Tal hinein
Kinder mitgespielt, was im Prinzip der gesamten Anzahl der drei umliegenden Grundschulen addiert entspricht. Zudem mit ein paar Jugendlichen erweitert wurde das Kinderbuch ‚Jack and the Beanstalk’ als eine Mischung aus Theaterstück und Musical aufgeführt. Die ganze Atmosphäre war sehr familiär und für ein weihnachtliches Familienfest ansprechend. Ich bin sehr froh, über meine Gastmutter Karten bekommen zu haben. Die drei geplanten Aufführungen waren weit im Voraus ausverkauft und auch die Zusatzaufführung innerhalb von ein paar Tagen. Es hat sich aber sehr gelohnt. Es ist sehr erstaunlich, wie bei so vielen Kindern ein so toller Ablauf in nur kurzer Probenzeit (Oktober/November jeweils samstags) erreicht werden kann. Toll! Und es war kein kurzes
'Kraxeltruppe'
Stück. Insgesamt war es zwei Stunden lang mit einer kleinen Pause in der Mitte. Viel mehr kann man dazu nicht sagen. Es war schön, es sehen zu können, vor allem auch, weil die Kleinste aus meiner Familie zum ersten Mal mitgespielt hat. Es wirkte jedenfalls, dass sie auch glücklich war, dass ich es mir angeguckt habe. Nun weiß ich auch, warum sie ständig im Oktober und November Ohrwürmer von Weihnachtsliedern hatte. Kein Wunder! Unerwartet eine nette Geste zu erhalten ist doch viel schöner als irgendetwas, was einen glücklich macht, aber man bereits erwartet hat. Okay, nicht immer, aber am Freitagabend gab es so einen Moment. Wir waren, wie so häufig an einem Freitag, in Glengarriff im ‚Bernards’ und um Mitternacht gab der Barkeeper jedem von uns ein Getränk aus, welches er am Abend mal bestellt hatte, und stieß mit uns auf eine schöne Weihnachtszeit an. Stimmt, es wurde in diesem Moment Dezember. Der Samstag war chaotisch, aber doch irgendwie lustig. Wir wollten noch mal zum ‚Priest’s Leap’, da dort ein Event zu Ehren des 400. Jahrestages war. Wir waren aber zu spät um mit den Bussen dorthin zu fahren und sind auf Grund von Missverständnissen untereinander irgendwie aus ‚Coomhola’ losgelaufen. Wir wären aber nie bei Tageslicht auch nur halb angekommen und so sind zwei nach längerer Zeit mit einem entgegenkommenden Fahrzeug wieder nach unten gefahren und haben das Auto geholt. Es war aber nicht wirklich möglich weit zu fahren, da uns auf dem einspurigen Gebirgspass ständig Autos entgegenkamen. Es ging links und rechts ohne Zaun bergab oder bergauf. Der Event war wohl schon vorbei. Um nicht einfach zu warten bis die ganzen Menschen vorbei sind, denn dann wäre es dunkel gewesen, haben wir das Auto einfach stehen gelassen und sind an dieser Stelle einfach ‚quer-Stein-ein’ hochgekraxelt. Eine wahnsinnstolle Aussicht und ein Wettrennen gegen Schafe (offiziell wollte eine liebe Dame aus Österreich eines fangen) erwarteten uns. Es hat sich echt gelohnt. Später sind wir dann umgedreht
Auf 'Bere Island'
und zurückgefahren um diesen Weg nicht im Dunkeln zurücklegen zu müssen. Am Sonntag sind wir sehr früh aufgebrochen um nach ‚Castletownbere’ zu fahren. Da wir dort schon mal waren, war das auch nicht das Ziel. Nach einem Frühstück auf dem Parkplatz ging es auf die Autofähre nach ‚Bere Island’. Von dieser Insel gab es zwar Karten, aber diese hatten eher wenig mit der wirklichen Straßenführung zu tun. So sind wir einfach hier und da herumgefahren, haben angehalten, sind gewandert und haben die Zeit genossen. Zwischendurch hatten wir einen Hund als ‚Guide’, der uns sehr lange begleitet hat. Die Punkte, die wir eigentlich ansteuern wollten, haben wir am Ende nicht gefunden, aber das war auch nicht so wichtig. Leben und spontan ohne Zeitdruck die Zeit und die Natur genießen. Das ist es, was wertvoll ist. Wertvoll ist es auch, nach mehreren Versuchen endlich am Sonntagabend mal gleichzeitig Zeit zu haben und mit einem lieben Menschen sehr lange zu Skypen!