Dienstag, 9. Oktober 2012

X. Irland in Gummistiefeln – Woche 9 (24.9.-30.9.12)

Es kommt nun etwas mehr Routine rein. So dachte ich es jedenfalls am Anfang der Woche. Klar, der normale Alltag ist auch mehr Routine, der Alltag im Haus, oder der Alltag bei der Arbeit. Dort durfte ich helfen ein Dach einer Garage professionell zu reparieren. Auf jeden Fall habe ich viel dabei gelernt. An freien
angenehme Umgebung
Vormittagen, hab ich mir mal die Gegend hinter dem Haus angeschaut und einen tollen Ausblick gehabt. Im Vordergrund das Haus, in dem ich wohne, im Hintergrund ‚Glengarriff Harbour’. In dieser Gegend hier kann man sich schon wohl fühlen. Doch worauf ich hinaus möchte, ist der Mittwoch. Oder besser der Dienstagabend. Dort habe ich erfahren, dass am nächsten Tag kaum jemand zu Hause ist. Auf Nachfrage wurde mir erzählt, dass alle zum so genannten ‚Ploughing Championchip’ fahren. Darunter konnte ich mir zunächst natürlich nichts vorstellen. Ein bisschen wurde mir erzählt, ein bisschen habe ich im Internet nachgelesen. Es scheint in Irland jedenfalls so populär zu sein, dass morgens um sechs zwei große Reisebusse vor der örtlichen kleinen Schule abfahren, obwohl die
viele Medaillen in jungem Alter
Schule dafür nicht freigibt. Man darf halt ein paar Tage im Jahr ‚krank’ fehlen, und einer scheint dafür bei den meisten veranschlagt zu sein. Gut soviel dazu. Nachdem es ausgeschlossen war, dass ich morgens dahinfahre und pünktlich wieder zurück bin, hat mir meine Gastmutter angeboten den Tag gegen einen Samstag, an dem ich normalerweise frei habe, zu tauschen. Diese Chance, eine typisch irische Veranstaltung zu erleben, musste ich nutzen. So bin ich morgens um sechs Uhr ins Auto gestiegen, natürlich als einziger pünktlich, um um 6.30 Uhr dann Richtung New Ross, Co. Wexford, aufzubrechen. Dort fand das Ereignis dieses Jahr statt. Mit im Auto saßen mein Gastvater, zwei Söhne, und drei andere ältere Freunde der Familie aus der Umgebung. Im Halbschlaf ging der Großteil der Strecke schnell vorüber, um pünktlich zum Verkehrschaos wieder wach zu sein. Vor einer kleinen Brücke treffen sich die beiden Zubringer aus Cork und aus Dublin, sodass dort, frühzeitig losgefahren, gute zwanzig
ein Traum für jedes Festivalfrühstück
Kilometer Schneckentempo zu erwarten waren. Es war wirklich Zufall, dass die örtlichen Busse genau vor uns fuhren. Okay nicht die ganze Zeit vor uns, denn so ein Bus ist manchmal gezwungen zu warten, wenn es eigentlich vorangehen könnte. Es waren halt nicht alle an Bord. Auf dem Seitenstreifen oder auch mitten auf der Fahrbahn war mehr Bewegung als im Verkehr. Warum man solch ein Event auch direkt hinter solch eine schmale Brücke legt, kann ich nicht beantworten. Irisches Verkehrs- und Planungssystem halt! Auf dem Event angekommen bot sich mir ein Bild, welches ich mir beim besten Willen nicht vorgestellt habe. Tausende Iren, gelegentlich Touristen, die sich über Bauerngeräte, sei es Traktoren, Melkmaschinen oder Schafschermaschinen, bei Regen und Schlamm austauschten und handelten. Auch uns bekannte ‚Trichter’ wurden hier angeboten, aber um irgendwie einen anderen Sinn und Zweck zu verfolgen. Der eigentliche Hauptteil kam nicht zu kurz. Es gab
Schafe scheren mit einer Schere
Pflügwettbewerbe (manuell mit Pferden), Schafwettscheren (manuell und maschinell), ‚Schafe-mit-Schäferhund-durch-Parcours-führen’-Wettbewerbe sowie Spiele mit Kettensägen. Es war vieles dabei, was man sich jetzt in Deutschland nicht als ein nationaler Event vorstellt. Dazu gehört, dass in einigen riesengroßen Ställen Kühe und Bullen präsentiert wurden, die allerlei Preise gewonnen haben. So viele Medaillen für Tiere hab ich auch noch nicht gesehen. Auf Grund des Alters der Tiere kann man sogar von Säuglingsarbeit sprechen. Erwähnenswert ist noch das Outfit der Besucher. Wirklich fast alle hatten Gummistiefel an. Okay nichts sonderbares, aber wenn dies auch Menschen tragen, die von Universitäten Wissen über Agrarwirtschaft vermitteln wollen, kommt ein sonderbares Outfit zu Tage. Feiner Anzug mit Gummistiefeln voller Schlamm. Es war auf jeden Fall ein Tag, für den es sich gelohnt hat, demnächst mal auf einen freien Samstag zu verzichten. Ich bin echt dankbar, dass ich die Chance hatte dies zu erleben. Nebenbei erinnerte mich das echt ein wenig an die tollen Momente auf deutschen Festivals, welche zeigen, wie viel Spaß es machen kann durch Schlamm zu stapfen! Über das Verkehrssystem hab ich ja schon mal häufiger geschrieben. Diese Woche gab es allerdings Dinge, die aufgeschrieben werden müssen. Dass ich der einzige bin, der sich anschnallt, habe ich mittlerweile als normal angesehen. Neu ist allerdings, wie der Ruhrpottgedanke, „Wat nit passt, wird passend jemacht“ in der irischen Gedankenwelt angekommen ist. Eines Morgens blieb das Auto vor der eigenen Tür stehen. Wie ich mitbekommen habe, wurde wohl mal das Falsche getankt, dann versucht es herauszumixen und nun versucht durch absolutes Leerfahren den Fehler endgültig auszubügeln. Nur sollte man sich Gedanken machen, an welcher Stelle man denn das Auto leergefahren haben möchte. Idealerweise an einer Tankstelle. Nun war es halt vor der eigenen Tür. Gut, dann schleppt man das Auto halt zur nächsten Tankstelle ab, oder besser, bis zum nächsten Abhang, holt dann Schwung und rollt bis zur nächsten Tanke. Warum nicht, wenn die zwei Meilen nur selten Minimal bergauf und sonst immer bergab gehen. Hat auch geklappt. Okay, die letzten zwanzig Meter zur Tanksäule musste dann wieder abgeschleppt werden. War halt keine Abfahrt. Soviel zu dem Morgen. Ein paar Stunden später war es nötig, zwei jeweils sechs Meter lange Holzplanken zu der Baustelle zu transportieren. Jedoch hat der Van meines Gastvaters keinen Gepäckträger. Der sieben-minütige Weg musste aber irgendwie überbrückt werden. Gespannt, was er sich einfallen lässt, meinte er nur, dass ich mich ins Auto setzen soll. Er gab mir dann durchs offene Fenster die Planken in die Hand (diese waren natürlich außen am Auto) und ich fuhr halb aus dem Fenster hängend, die Plankenenden weit vor dem Van, das Stück zur Baustelle. Es muss bestimmt lustig ausgesehen haben, hat aber seinen Zweck erfüllt. Am Wochenende stand ein Besuch in Cork City an. Eine andere Gastmutter musste berufsbedingt dorthin und hat uns mitgenommen. Ich musste allerdings vorher zu einer Kreuzung trampen, die dann auf dem Weg lag.
mein zweites Pint gesichert
Morgens im Dunkeln gar nicht so leicht, startete ich sehr früh. Es hat auch einige Zeit gedauert, jedenfalls war ich sehr pünktlich vor Ort. Allerdings für irische Verhältnisse viel zu überpünktlich. 7.30 Uhr ausgemacht, arbeitsbedingt auch nötig, kam das Auto dann nach 8 Uhr in Sichtweite. Naja, zu spät kommen wäre halt auch blöd gewesen. Der Tag war jedenfalls sehr angenehm, auch wenn man als einziger Kerl nur mit Mädels unterwegs um das Shoppen nicht herumkommt. Ich selbst habe da neben einer tollen Mütze auch ein schönes Karnevalskostüm gefunden, was ich vielleicht auch übernächstes Jahr in Deutschland mal anziehen werde. Vielleicht ergibt sich ja vorher schon mal eine Möglichkeit. Der Tiger war jedenfalls als Schlafanzug getarnt. Warum, das weiß ich nicht wirklich. Als deutscher Student kann man ja manche Angebote nicht ungenutzt lassen. So habe ich für jeweils
Blick von 'Garinish Island'
ein Pint ne Stunde lang zwei Einkaufstaschen getragen und bin den halben Mittag als Tiger durch Cork. Naja, die dummen Deutschen halt! Ich will gar nicht wissen auf wie vielen Bildern ich irgendwo im Internet zu sehen bin. Der Samstagabend war geprägt vom Trampen. Zunächst nötig, da das Auto einen Platten hatte, wollte ich am späten Abend natürlich wieder zurück in die ‚Town’ Bantry. Im Dunkeln brauchte ich für den fünfzehn-minüigen Weg weit über achtzig Minuten! Verstehen kann ich das allerdings schon. Wer nimmt einen denn auch in der Nacht mit. Ziemlich müde und leicht ‚angekatert’ durfte ich morgens dann wieder
Sonne tanken auf 'Garinish Island'
auf ein mitnehmendes Auto von Freunden warten. Dieses Mal hatten die einen Platten. Immerhin war ein Ersatzreifen vorhanden, sodass es nur ne Stunde später losging. Es ging auf die wunderschöne ‚Garinish Island’, die vor ‚Glengarriff Harbour’ liegt. Auf der Fähre dorthin konnte man sonnende Robben beobachten, die sich fühlten, als ob die Zeit einfach stehen bleibt. Die Insel selbst gab eine Vielfalt von Pflanzen, Felsen und toller Aussicht her. Echt schön da! Auf der Insel war ich dann auch wieder so fit um es sehr genießen zu können. Der Abend war aber dementsprechend kurz. Insgesamt eine ereignisreiche Woche, die nur bedingt der Routine entsprach.

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