Montag, 1. Oktober 2012

VIII. Zwischen Enttäuschung, Chaos und Neuanfang passt immer das Ein oder Andere Murphys – Woche 7 (10.9.-16.9.12)



Diese Woche war sehr aufregend. Ich denke es trifft es am besten, wenn ich versuche diese als eine Art Ticker zu gestalten und zu beschreiben.
MONTAG.

7.45 Uhr: Ich gehe wie besprochen rüber zur Familie, erfahre aber, dass ich heute erst nachmittags die Kinder abholen soll und vormittags frei habe. Einer der Jungs kommt trotzdem zu mir herüber, ‚spielt’, was ich aber nicht direkt bemerken konnte, da ich in meinem Zimmer bin. Es kommt zu einer kleinen Meinungsverschiedenheit (nicht mit dem Jungen), die ich aber denke, am Abend schnell ausräumen zu können.
Vormittag: Ich treffe mich in Bantry zum Frühstücken und Billard spielen mit einem anderen Volunteer. Ich mache mir Gedanken, wie der Wunsch nach Privatsphäre auf Seiten der Familie und der Wunsch nach minimalem Familienanschluss meinerseits zu vereinen ist. Da ich sowieso nie aufgeben kann, denke ich aber, dass ich die Zeit genießen kann, wenn ich akzeptiere, ein eigenes Leben in meinem Apartment zu führen und jederzeit in Richtung Bantry oder Umgebung aufbrechen werde. Mit dem Auto dürfte es ja kein Problem sein.
Nachmittag: Ich habe die Jungs abgeholt, nachdem ich die eine Stunde wieder in der Playschool geholfen habe. Noch wusste ich nicht, dass es das letzte Mal gewesen sein wird. Wir haben dann auf einem Spielplatz gespielt und Hausaufgaben angefangen. Das passte immer ganz gut, da einer der Jungs spielen konnte und den anderen bei den Hausaufgaben nicht gestört hat.
Abends: Meine Gasteltern kamen gemeinsam zu mir in mein Apartment und begannen mit dem Satz: „It doesn’t work.“ Ok, ich wusste immerhin sofort Bescheid um was es in dem Gespräch gehen sollte. Wie von mir schon geahnt, lag das Problem vor allem daran, dass sie gemerkt haben, dass sie mit einem Au Pair nicht die Menge an Privatsphäre haben, die sie gerne möchten und, dass ein eigenes Apartment nicht unbedingt für jeden das ist, was er sich gerne möchte. Ein eigenes Apartment ist ja schön, aber nicht wenn man an ein Leben in einer Familie oder immerhin an ein wenig Familienanschluss gedacht hatte. So gab es immerhin ein längst überfälliges Gespräch. Im Laufe des fünfzehnminütigen Gesprächs habe ich erfahren, dass ich von nun an nicht mehr arbeiten brauch/darf und bis Freitag früh in dem Apartment bleiben kann. Die Antwort auf die Frage, ob die 3,5 Tage viel oder wenig sind um eine neue Beschäftigung zu finden, überlasse ich jedem einzelnen selbst. Eines war mir aber innerlich sofort klar. Sofern möglich, werde ich den Wunsch meiner Gasteltern nicht erfüllen und das kleine Städtchen Bantry oder seine Umgebung verlassen. Ich habe überhaupt kein Problem mit denen und sehe so keinen wirklichen Sinn darin. Sicherlich ist diese Stadt klein und jeder kennt jeden, aber dies ist wirklich nicht mein Problem. Direkt im Anschluss an das Gespräch habe ich schnell eine Unterkunft in Bantry für das Wochenende bei Freunden gefunden. Natürlich nur für den Fall, dass ich bis dahin nichts Neues habe. Danke dafür! Und nach einem Telefonat mit meinen Eltern begann dann für mich die Suche. Die Suche nach Etwas, wo ich bleiben kann, was mir Spaß macht, und was mir neue Erfahrungen bringen wird. So habe ich von ungefähr 22 Uhr bis 4 Uhr Nachts überall Notizen hinterlassen, mich bei HelpX per Kreditkarte angemeldet, mein AuPair-World-Profil wieder aktiviert und und und… Ich weiß nicht warum, aber müde wurde ich nicht. Um 4 Uhr allerdings, sah ich dann keine Möglichkeit noch mehr Leute anzuschreiben und bin für ein paar Stunden schlafen gegangen.
DIENSTAG.
7 Uhr: Die Suche geht weiter. Erste Absagen von Unterkünften, dass so schnell keine Arbeit und Bett vorhanden ist, erste Tipps von anderen Au Pairs an welche Stellen ich mich noch wenden kann, und das Angebot über ihre Gasteltern nach weiteren Möglichkeiten zu fragen. So verging der Tag fast komplett im Internet oder ein paar Meter außerhalb des Grundstückes beim Telefonieren. Am Abend war ich dann echt froh, mich mit Freunden in Bantry zu treffen um ein wenig auf andere Gedanken zu kommen. Gut, mein Auto ist weg, aber die guten Wanderschuhe helfen da ja auch weiter.
Später Abend: Eine Anonyme SMS kommt, mit der Frage wie lange ich vor habe in Irland zu bleiben und ob ich interessiert an einem AuPair-Job bin. Auf Nachfrage erhielt ich dann die Nachricht, dass es um eine Familie in Glengarriff geht und sie sich am Mittwoch noch mal melden wird. Anscheinend hat eine andere Gastmutter eine SMS herumgeschrieben, dass ein männliches Au Pair ‚frei’ ist und auf der Suche ist. Natürlich inklusive meiner Handynummer. Es geht doch nichts über Kontakte!
Eine kleine Anmerkung, die mich doch schmunzeln lässt. Ich habe immer Geld für das Tanken bekommen und hatte mittlerweile genau ausrechnen können, wie viel ich brauche um zur Schule zu fahren, wenn ich mit der oder der km/h-Zahl fahre. So wusste ich genau, dass ich am Dienstag noch auf den Kilometer oder die Meile genau bis zur Schule und von da aus zur Tankstelle fahren kann. Ich hatte allerdings keine Möglichkeit mehr, diese Information Montagabend weiterzugeben. Ob es deswegen vielleicht auch ein zeitliches Problem gab, am nächsten Tag die Kinder wegzubringen und auf dem Weg zur Arbeit noch Tanken zu fahren, kann ich leider nicht auflösen. Ich hätte ja gerne die Woche noch gearbeitet und dann das Auto auch nicht komplett leer hinterlassen. Aber bei manchen Sachen muss ich mir dann auch sagen: Tja!
MITTWOCH.
Am Vormittag ging die Suche weiter, am Nachmittag habe ich dann kurz mit der Mutter der Familie telefoniert. Sie hat mich dann nach 45 Minuten Fußweg an einer Kreuzung eingesammelt und ich bin mit ihr nach Glengarriff gefahren, um die Familie kennen zu lernen. Sechs Kinder, viele Tiere, eine Familie die lebt und recht offen ist – ein positives Chaos. Dies war mein erster Eindruck. Am nächsten Tag sollte ich noch den Rest der Familie kennen lernen um dann zu hören, ob ich zu denen ziehen kann. Glücklicherweise ist am Vormittag meine Gitarre angekommen. Immerhin dieses Problem hab ich nicht mehr, dass diese nach meiner Abreise ankommt. Bleibt nur noch die Frage wie ich diese transportiert bekomme.
diskussionswürdiges Schild im Ma's
Am Abend wurde ich von Freunden gefragt, ob ich Lust habe noch nach Bantry zu kommen und ein Pint zwischen dem Chaos zu genießen. Auch wenn das wieder 80 Minuten Fußweg durch die Nacht bedeutet, klar, da sag ich nicht Nein! So ging es, hoffentlich nicht zum letzten Mal ins Ma Murphys mit der Bestätigung, das alteingesessene Iren in Form eines Barkeepers durchaus Redselig sein können.
DONNERSTAG.
Nach der Nacht bei Freunden auf der Couch bin ich dann wieder zu der Kreuzung gelaufen, um von meiner möglichen künftigen Gastmutter eingesammelt zu werden. So habe ich dann im Auto auch erfahren, dass es momentan nicht komplett ein Au Pair wäre, sondern ob ich bereit wäre, zwei Tage meinem Gastvater auf dem Bau zu helfen. Er ist ‚Builder’ und selbstständig. Was mich da erwartet wusste ich nicht wirklich, aber warum nicht. Den Nachmittag verbrachte ich dort in der Familie und dann haben wir abgesprochen, dass ich am Samstagnachmittag dort einziehen kann. Dies bedeutet, Freitag mit Sack und Pack nach Bantry um dann wieder am Samstag in die andere Richtung nach Glengarriff aufzubrechen.
Abends: Alle Sachen wurden eingepackt, wobei ich mich gewundert habe, wieso ich trotz nur einer Gitarre und zwei Pullis mehr so viel Übergepäck habe. Eine Antwort bleibt mir bisher verwehrt! Da ich nicht wusste, ob ich meine Gasteltern und die Kinder am Freitag noch sehe, habe ich denen noch einen Brief geschrieben, den ich in meinem Zimmer hinterlassen werde. Trotz des großen Chaos und der Enttäuschung bleibt eine Menge an Erfahrungen, viele Tolle Momente und auch die Gewissheit, dass es sicherlich nicht Falsch war, aus deren Sicht das Projekt Au Pair zu beenden. Es wären nicht die angenehmen Monate geworden, die man sich als Familie vorstellt. Nicht, wenn das eigene Leben nur schwer mit einem Au Pair zu vereinen ist.
FREITAG.
gepackte Koffer
Ich bin froh, die Kinder noch kurz gesehen und mit denen gespielt zu haben. Sie sind mir trotz mancher Schwierigkeiten doch in den sieben Wochen ans Herz gewachsen. Nachdem die Familie dann weg war, habe ich noch alles fertig zusammen gepackt, mich in Briefform von den momentan abwesenden Nachbarn verabschiedet, alles sauber hinterlassen und mit dem Taxi nach Bantry gefahren. Es ist doch irgendwie ein komisches Gefühl gewesen. Nachmittags habe ich mit nem Freund die irische Sonne auf dem ‚Balkon’ bei dem ein oder anderen Bierchen genossen und ‚angenehm’ „Hero“ sowie „Angels“ zum Besten gegeben. Nebenbei hatte ich nun endlich mal die Möglichkeit nach sieben Wochen zu skypen. War schön. Die Bierchen wurden am Abend ins Pub verlegt und so der Abend gemütlich beendet.
SAMSTAG.
Nachmittags ging es dann in die neue Familie. Alle Sachen wieder ins Taxi und los geht es. Mit der Familie bin ich dann auch gleich nach Glengarriff gefahren. Dort fand ein Radrennen statt, bei dem sehr viele Menschen an den Straßen und Pubs zu finden waren. Eine sehr angenehme Atmosphäre. Der Abend war einfach gemütlich und war nach der durchaus aufregenden Woche eher entspannt.
SONNTAG.
Der erste Tag in der neuen Familie sollte beginnen. Hier in Irland ist es üblich, dass die Geschäfte sonntags geöffnet haben, sodass ich ein weiteres Event bestaunen durfte: Einkaufen für neun Personen mit sechs Personen. Vier davon rannten eher umher, ich versuchte die Chance zu nutzen und mir viele englische Begriffe einzuprägen (Dafür ist ein Supermarkt echt klasse!) und meine Gastmutter (ab jetzt ist damit natürlich die neue gemeint!) kaufte ein. Um die Übersicht zu behalten war es wohl einfacher selbst einzukaufen und auf Hilfe zu verzichten. Am Ende konnte ich es irgendwie verstehen. Manchmal erinnerte mich das an Bruder Josef. Mit langem Arm wurde ins Regal gegriffen und es flog all dies in den Einkaufswagen, was durch die Kraft des Armes die Balance verlor. Herrlich! Im Anschluss habe ich noch mit allen ein Gaelic-Football Spiel des ältesten Sohnes (16) sehen können. Ich muss sagen, ich mag die irischen Volkssportarten sehr!
Ja und dann war auch irgendwann die Woche vorbei. Eine sehr intensive Woche, zu der ich vor allem zwei Sätze sagen kann: „Ich habe sehr viel gelernt!“ & „Auf ein Neues!“

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